Freitag, 22. Juli 2011

Corporate Identity wird oft übertrieben

Die Unternehmensberaterin Tanja Laube skizziert in business-wissen.de "Sieben Schritte zur Markenpositionierung". Da kommt die ganze Corporate-Identity-Palette wieder mal zum Einsatz. Ich melde Zweifel an und stelle fest: In der Praxis führt "Corporate Identity" oft dazu, dass das Publikum bei Präsentationen einschläft, dass Werbematerialien ungelesen bleiben und wichtige Werbebotschaften von unwichtigen Logos und nichtssagenden Claims verdeckt werden.

Tanja Laube dekliniert in wohlgesetzten Worten ihr Beratungsprogramm durch:

  • Das Unternehmen soll sich als unterscheidbare Marke mit bestimmten, quasi persönlichen Eigenschaften der Öffentlichkeit präsentieren und stets, in allen seinen Äußerungen, sofort wiedererkennbar sein.
  • Alle Logos, Farben, Schriften müssen überall gleich aussehen, und sogar die Texte sollen sich überall des gleichen Wortschatzes bedienen.
  • Unternehmensgruppen sollen ihre Gruppenmarke den Marken der Einzelunternehmen überstülpen. Damit bloß die Gruppe ständig wiedererkannt wird.
In der Praxis führt dieses Verfahren aber häufig dazu, dass das Publikum von Präsentationen einschläft, weil alle Folien gleich aussehen, und weil Präsentationen mit dem Unwichtigsten beginnen: einer umständlichen Vorstellung des Unternehmens mit seiner Struktur und seinem Leistungsspektrum. Dieser Ansatz verstößt gegen Gesetz Nr. 1 für werbewirksame Werbung: Fange nicht bei dir an; fange beim potenziellen Kunden an!

In der Praxis führt es dazu, dass Unternehmenslogos im Namen der Corporate Identity (CI) und im Namen der Wiedererkennbarkeit oft grotesk überschätzt werden. Die weitaus meisten dieser Logos sind aber weitgehend unbekannt und für die potenziellen Kunden (Potis) in der Regel bedeutungslos. Die Claims unter solchen Logos sind in der Regel nichtssagende Platitüden wie "Creativity meets entrepreneurship" (Bertelsmann), "Die tun was" (Ford), "Our knowhow. Your success" (Ceridian). So etwas ist aber für Potis gerade nicht interessant und setzt sich gerade nicht vom alltäglichen Trommelfeuer ab. Interesse kann nur ein Gedanke wecken, den der Adressat vorher schon im Kopf hatte.
Also der konkrete Nutzen eines konkreten Produkts.

Auch die Betonung der Unternehmensgruppe scheint mir eher in die Irre zu führen. Denn aus Sicht der Kunden sind Unternehmensgruppen meist abstrakte und zufallsbestimmte Größen. Und die verdrängen im CI-Wahn die konkreten und aus Kundensicht sinnvollen Botschaften der Einzelfirmen und Produktmarken. Das verstößt gegen Gesetz Nr. 2 für werbewirksame Werbung: Sei konkret! Verspreche einen konkreten Nutzen!

So was mag vielleicht in Einzelfällen gut gehen, wenn ein Konzern viele Millionen in seine Werbekampagne investiert. Aber bei allen Kunden, deren Schicksal ich bislang beobachtet habe, sind solche Strategien stets schief gegangen. Ich rate davon ab.


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Jens Jürgen Korff